Zinnscheibe selbst gießen

Nachdem ich aus mehreren Quellen gehört habe, dass Zinnscheiben eine sehr gute und schnelle Politur ermöglichen sollen, war der erste Ansatz eine zu kaufen. Der hohe Preis (mehr als € 100,-, exkl. Versand) brachte mich auf die Überlegung es einfach selbst einmal zu probieren. Vor allem der niedrige Schmelzpunkt von Zinn (232 °C) und die gute Verfügbarkeit des Metalls am Markt haben mich bewogen damit zu beginnen.

Als Material habe ich einfach gebrauchte Zinnteller, Kerzenständer oder Becher am Flohmarkt um relativ wenig Geld erstanden. Wichtig dabei ist, dass es sich um Reinzinn handelt (meist ist 95% oder sowas punziert). Ein von mir gekauftes Teil muss irgendein anderes Metall gewesen sein. Es ließ sich beim Test mit dem Gasbrenner nicht schmelzen. Ein weiteres Zeichen für echtes Zinn ist die leichte Biegsamkeit und im Idealfall ein Knarren während des Biegens.

Wichtig bei der ganzen Sache ist natürlich der gute Aufbau der Gießform. Meine Idee: Je exakter die Gießform die gewünschte Form der Scheibe vorgibt, desto weniger Arbeit und Materialverlust beim späteren Zurechtdrehen. Habe mir zwei ca. quadratische Vollholzbretter genommen und diese mit vier sogenannten Schrankverbindern (5mm Durchmesser) spielfrei verbunden. In das obere Brett habe ich einen Kreis mit 15cm Durchmesser ausgefräst, und in die untere konzentrisch ein 12 mm Loch für einen Alustab, der mir die Aufnahme in der gegossenen Scheibe freihält.

Danach ein 1mm starkes Alublech zwischen die Bretter, diese übereinander fixiert und eine Alustange in der Mitte:

tn_gussform.JPG tn_eingegossen.JPG

Obwohl ich versucht habe aus dem flüssigen Zinn so viele Verunreinigungen wie möglich herauszufischen, sind doch noch einige dunkle Stellen dabei. Diese werden sich hoffentlich schnell wegdrehen lassen. Noch ein Wort zur Form: Bei der gewählten Variante ist es wichtig diese so balanciert wie möglich aufzustellen, um beim späteren Drehen möglichst wenig Material zu verlieren. Eine andere Variante wäre gewesen auch die Oberseite zuzudecken und das flüssige Zinn durch eine Öffnung in die aufgestellte Form zu gießen. Kann mangels Erfahrung die Vor- und Nachteile der beiden Varianten schwer abwägen.

Hier die Scheibe nach dem Abkühlen:

tn_oberseite.JPG tn_unterseite.JPG

Auf guten Rat hin habe ich versucht danach das Zinn zu verdichten. Das habe ich mit einem relativ schwerden Schlegel auf ebenem Untergrund gemacht, in dem ich in konzentrischen Kreisen von innen nach außen auf die Scheibe geschlagen habe.

Der nächste Schritt ist das Plandrehen der Scheibe. Eine Möglichkeit wäre das mit meiner CNC-Fräse zu versuchen, das richtige Werkzeug hierfür ist allerdings eine Drehmaschine. Glücklicherweise hat ein Bekannter eine in der richtigen Größe. Immerhin muss die Scheibe von aussen durch das Spannfutter aufgenommen werden. Die fertige Scheibe sieht dann so aus:

tn_zinnscheibe_abgedreht.JPG

Nach dem Drehen blieben noch ca. 7 mm von ursprünglich ca. 12 mm nach dem Gießen übrig. Das ist jedenfalls ausreichend. Eine mögliche Verbesserung wäre gewesen, das Zinn direkt auf eine Alu-Trägerscheibe, die in die Form eingelegt wird, zu gießen. Bei entsprechender Bearbeitung der Aluscheibe mit schrägen Löchern wäre der Zinnbelag wahrscheinlich gut fixiert geblieben und ich hätte mir im Endeffekt eine Masterscheibe zur Stützung der weichen Zinnscheibe beim Schleifen erspart. Sollte ich wieder einmal ans Zinngießen gehen, dann wäre das sicher einen Versuch wert.

Laut Forenberichten soll diese Scheibe gut für die Endpolitur mit feinem Diamant (1 my, 0,5 my) sein. Ich werde nach den ersten Erfahrungen davon berichten.

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